Die leckeren Brötchen, Brote, Kuchen und Stückchen von Hinnerbäcker kennt jeder. Doch auch die Menschen hinter der Marke sind interessant, denn die Familiengeschichte des regionalen Bäckereifachbetriebs ist lang. Wir nehmen den aktuellen Führungswechsel zum Anlass und treffen Til und Leon Steinhauer zum Interview.
Gegründet wird das Unternehmen 1854 von Johannes Steinhauer in der Hinnergasse in Bad Nauheim/Steinfurth: daher also der Name. Til und Leon Steinhauer bilden die achte Generation des Familienbetriebs. Die beiden Jungunternehmer übernehmen aktuell die Führungsposten ihrer Väter, die Cousins sind. Til, 25 Jahre, übernimmt von Kai Stein-hauer – die beiden sind für den finanzwirtschaftlichen Teil der Geschäftsführung verantwortlich – und Jens Steinhauer übergibt an Sohn Leon, 21 Jahre jung. Jens und Leon sind die Bäcker des Unternehmens, also der Kopf des handwerklichen Bereichs. „Durch die Trennung von Verwaltung und Produktion kommt man sich nicht in die Quere und dennoch entscheiden wir die wichtigen Fragen alle gemeinsam“, erklärt Leon Steinhauer. „Überhaupt ist die Stimmung in unserem Betrieb prima. Das Familiäre überträgt sich auf all unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bei uns arbeiten Belegschaft und Geschäftsführung Hand in Hand.“
War es für die beiden sympathischen Jungunternehmer gleich klar, in den Betrieb ihrer Väter einzusteigen? „Für mich absolut“, so Til. „Mein Vater war schon immer mein großes Vorbild. Bereits in der Grundschule war das Wirtschaftsstudium mein Ziel, weil ich wusste, dass ich meinem Vater folgen wollte.“ Und dieses Ziel verfolgt Til konsequent. Nach dem Bachelorabschluss in Wirtschaftswissenschaften macht er gerade ergänzend seinen Master. Und zwar berufsbegleitend, weil ihm die Verknüpfung von Theorie und Praxis wichtig ist. Für Leon stand der berufliche Weg ebenfalls fest: „Auch ich wollte den Weg meines Vaters gehen und habe das nie bereut. Seit zwei Jahren bin ich Bäckergeselle und mache nun meinen Meisterabschluss. Der Job macht mir unglaublich viel Freude, auch an das frühe Aufstehen habe ich mich gewöhnt.“ Das mit der Freude sehen auch andere Familienmitglieder so: Produkttests zum Beispiel werden immer gemeinsam in der Großfamilie gemacht.
Was genau ist das Hinnerbäcker-Alleinstellungsmerkmal? „Auf alle Fälle unsere Qualität, Frische und Regionalität“, so Til. „Nehmen wir zum Beispiel unsere Kräppel und Pralinennougatplunder: Sie werden ausschließlich mit hochwertiger Markenmarmelade beziehungsweise feinstem Pralinennougat von Hand befüllt. Und das schmecken unsere Kunden.“ Leon nickt und ergänzt: „All unsere Rohstoffe sind erstklassig und so sind es die Endprodukte auch. Wir schauen sehr auf die Herkunft unserer Zutaten auch im Hinblick auf die Heimat unserer Zulieferer. Unser gutes Mehl zum Beispiel kommt direkt aus der Wetterau und wird in einer kleinen Mühle in Schöneck gemahlen.“
Nachhaltigkeit ist ein großes Thema im Hause Hinnerbäcker. So wird ein Mehrweg-Pfandsystem eingeführt bevor es gesetzlich vorgeschrieben ist. Die vielgelobte „Happy Hour“ – alle Backwaren kosten eine Stunde vor Ladenschluss nur noch den halben Preis – sorgt dafür, dass wenig übrig bleibt. „Und falls doch, so gehen alle Restbestände an die Tafeln Friedberg, Butzbach, Schotten und Nidda. Ungeeignetes wird zu Schweinefutter oder Biogas“, erklärt Leon. Und Til, dessen Steckenpferd die Digitalisierung des Unternehmens ist, plant aktuell die Einführung einer KI-Software, die anhand der individuellen Verkaufszahlen einer Filiale sowie Wetter- und Feiertagsdaten die mengenmäßig passende Belieferung errechnet.
Anfang der 2000er-Jahre zieht das Unternehmen im Sinne des Platzbedarfs für Verwaltung und Backstube nach Wölfersheim-Berstadt. Seitdem rollen die Transporter hier jeden Morgen vom Hof, um die rund 70 Filialen in der Wetterau, im Rhein-Main-Gebiet, im Hochtaunus- und Lahn-Dill-Kreis zu beliefern. „Unser Geschäft blüht, daher freuen wir uns immer über Nachwuchs“, so Finanzexperte Til. „Wer Interesse an einem guten Job oder einem kaufmännischen beziehungsweise gewerblichen Ausbildungsplatz hat, der findet auf unserer Internetseite alle wichtigen Infos“.
Wenn die nächste Generation übernimmt, liegt die Frage nach dem ‚Was wird nun besser?‘ nahe. „Unsere Väter haben so viel richtig gemacht, sodass wir gar nicht viel verbessern können“, erklärt Til Steinhauer weiter. „Sie haben den Betrieb vor etwa 30 Jahren in schwierigen Zeiten übernommen und es zu einem soliden Unternehmen mit heute rund 450 Mitarbeitern gemacht. Unsere Aufgabe wird es sein, diese wertvolle Grundlage zu schützen.“ Dennoch wolle man mit der Zeit gehen. Was früher Brot und Brötchen waren, seien heute Snacks und Kaffee. So wie sich die Welt ändert, so müsse sich auch das Angebot ändern, betonen sie. Und die beiden haben eine Vision: „Die Eröffnung der 100. Filiale halten wir perspektivisch für realistisch“, so Til. „Außerdem soll es zukünftig auch eine App geben.“ Es gibt aber auch Dinge, die seien nicht verhandelbar. „An unserem sozialen Engagement werden wir festhalten“, sagt Leon Steinhauer deutlich und für ihn ist ebenfalls klar: „Bei allem Sinn für Digitalisierung, so muss unser Kerngeschäft das Backen Handwerk bleiben. Das ist so und das wird auch in Zukunft so sein.“